2021/22 dreht sich alles um Spekulationen über ein zukünftiges Leben in der Stadt. WHAT IF? ist eine einjährige Versuchsanordnung für fabulierte, gezeichnete, gefilmte und gebaute Geschichten und Prototypen noch unbekannter Stadt- und Lebensmodelle. Wir spekulieren, wie es sein könnte, wenn alles anders wäre, vorerst abstrakt im Atelier, dann aktivistisch in der portugiesischen Stadt Gaia und schließlich, zurück in Linz, 1:1 im realen Raum der Stadt. WHAT IF? ist auch ein Aufruf zur aktiven Gestaltung demokratischer Stadtprinzipien, und zwar für alle, also eine forschende Annäherung an eine potentielle Stadt jenseits herkömmlicher Planungsmuster. WHAT IF? eröffnet künstlerische Freiräume für feministische Utopien, unerhörte Politiken, radikale Ökologien und Nachhaltigkeiten, die es so noch nicht gibt. Was wäre eine Stadt jenseits des globalen Kapitalismus? Was, wenn die Stadt grün und auto- und konsumfrei wäre? Oder was wäre, wenn Linz eine feministische Stadtregierung hätte, und du plötzlich Bürgermeister:in wärst? Dem „WHAT IF?“ folgen die Fragen „HOW?“, „WHO?“ und „FOR WHOM?“. Wie werden zukünftige Geschichten erzählt, gefilmt, gezeichnet oder kartiert? Wie vermittelt man Inhalt, der so verrückt ist, dass er in kein Schema passt? Wer sind die Charaktere der Spekulationen? WHAT IF? verwendet dafür die Mittel der Szenografie und des Settings sowie alle nur denkbaren künstlerischen Formate.
Austragungsorte sind konkrete urbane Plätze in Linz und Gaia. WHAT IF? bezieht sich dabei auf den Prototypus aller urbanen Plätze, die Agora, wichtigste Institution der griechisch-antiken polis, und – sieht man von der patriarchalen Struktur ab – mit klugen kleinen Platz-Architekturen bis heute ein überzeugendes Modell. Agoren waren institutionelle Orte des Herstellens von Gemeinschaft und Demokratie. Heutige Plätze sind entweder erschreckend leer (horror vacui) oder überladen (Allerweltsdesign) und meist konsumorientiert. Öffentliche Orte des Meinungsaustauschs und sozialen Miteinanders hingegen sind rar geworden. Der Rückzug in das Private dominiert und Meinungen werden eher in sozialen Netzwerken kundgetan als von Person zu Person. Das Miteinandersprechen verschwindet (Marlene Streeruwitz), urbane Reibungsflächen sind unerwünscht (Richard Sennett) und anstelle aktiven Handelns (Hannah Arendt) tritt angepasstes Verhalten. Die Pandemie hat all dies verstärkt. Digitale Lehre, Homeoffice und überregulierte öffentliche Räume wirken noch nach oder werden gerade wieder aktuell. WHAT IF? möchte dem Rückzug in das Private und den generischen, geleerten und konsumorientierten Orten einer Pseudo-Öffentlichkeit etwas entgegensetzen, neue urbane Plätze, auf denen wichtige Zukunftsthemen der Stadt verhandelt, Gesellschaftsmodelle erprobt und neue Rituale zelebriert werden, Agoren des 21. Jahrhunderts.