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PRESSEAUSSENDUNG

Förderpreis des Diözesankunstvereins Linz 2022 vergeben

Linz, am 1. Juli 2022 Drei Abschlussarbeiten der Kunstuniversität Linz wurden ausgezeichnet Die Förderpreise 2022 für Bildende Kunst gehen an Ruth Größwang und Martina Jäger. Die Jury hat dieses Jahr zwei Preisträgerinnen ex aequo für den ersten Preis nominiert. Beide Einreichungen basieren auf sehr unterschiedlichen theoretischen Ansätzen. In ihrer künstlerischen Ausrichtung ergänzen sich beide Arbeiten sehr gut. Größwangs Masterarbeit Symbiotic Matter. Über die Bedeutung symbiotischer Beziehungen im Anthropozän – eine interdisziplinäre Analyse (Studienrichtung Lehramt Bildnerische Erziehung/Textiles Gestalten) behandelt den Mythos der Schöpfung und der Evolution – eine Welt ohne Menschen würde sie als Organismus besser funktionieren als mit? Die Künstlerin setzte sich mit Theorien der Symbioseforschung nach der Mikrobiologin Lynn Margulis und der Naturwissenschaftsforscherin Donna Haraway auseinander. Die verblüffende Erkenntnis, wonach naturbezogene Prozesse auf der Mikroebene im Sinne der Symbiose viel kooperativer sein könnten als bisher angenommen, schließt den Menschen nicht mit ein. Letzterer wird als Dysbiont gesehen, der sich durch seine exzeptionalistische Einstellung von der Natur entfremdet hat. Größwang visualisiert das erläuterte Paradigma der Symbiose an gepressten Waldpflanzen, „deren Art von symbiotischem Kollaborieren nicht nur sie selbst, sondern das ganze Ökosystem Wald am Leben erhält.“ (Größwang). Den Dysbioten Mensch hingegen legt sie in ihren Fotoarbeiten eine absurde Rüstung an, „die in weniger schützt als vielmehr von der Umwelt abkapselt.“ Das gewählte Thema ist für unsere Zeit relevant. Schöpfung und Evolution versus eine dramatische Zuspitzung der Umweltthematik beschäftigt und belastet die Menschheit mehr als je zuvor. Die Umsetzung des theoretischen Konzepts ist semantisch stimmig und formal-ästhetisch sehr ansprechend. Die mit organischem Material wie Adlerfarnen, Pestwurz und Steinen gestaltete Kugelform ihrer Rauminstallation visualisiert einen in sich geschlossenen Kosmos, dessen großer Reiz in seiner Fragilität und Transparenz liegt. Martina Jägers Masterarbeit Resonanz von A bis Z. 26 Mikrogeschichten aus 19 Erzählungen (Studienrichtung visuelle Kommunikation) ist eine Reflexion der menschlichen Reaktionen und Verhaltensweisen während der COVID-Krise. Ausgangsbasis ihrer Überlegungen war die Frage: „Welchen Dialog führst du mit dir und der Welt abseits einer kapitalistischen Steigerungslogik im Sinne von „Schneller, Besser, Mehr“? Jäger fand einen möglichen Zugang dazu in der Resonanztheorie nach Hartmut Rosa. Rosas Antwort auf die Frage nach einem gelungenen Leben sei „eines, das man mit sich und der Welt in Resonanz führt. Resonanz als Essenz des menschlichen Lebens.“ Jäger entwickelte aus 26 Befragungen, die sie mit Linzer*innen aus unterschiedlichen sozialen Milieus durchführte, 19 kurze Erzählungen. Diesen Texten stellte sie konkret-abstrakte Illustrationen zur Seite. Es entstanden daraus ein Wandbild, eine Serie von kleineren Gemälden sowie ein Künstlerbuch, das individuell gefundene Lebensweisheiten in piktogrammartige Visualisierungen umsetzt und veranschaulicht. Jägers künstlerische Auseinandersetzung fußt auf einer Befragung von Menschen und ihren individuellen Zugängen zu einer außergewöhnlichen Krisensituation. Das Künstlerbuch ist ein Konzentrat ihrer Forschungen. In einer Kombination von Text und Bild veranschaulicht es die Lebensweisheit, die Menschen aus unterschiedlichen sozialen Milieus für sich in ihrem Alltag im Umgang mit der Krise entdeckt haben. Die daraus resultierenden Geschichten sind schlicht, pointiert und berührend. Die bildnerischen Umsetzungen, die die Texte begleiten, greifen als gemalte visuelle Verdichtungen wesentliche Momente der Erzählungen heraus und präsentieren sie als kompakte Bildchiffren. Der Förderpreis 2022 für Architektur geht an Lena Lisbeth Teufl für ihre Diplomarbeit „Das Altern gestalten“. Lena Lisbeth Teufl hat sich zwei aktuelle und drängende Themen zur Aufgabe gestellt: Wohnen im Alter und mit Beeinträchtigungen, sowie Hofsterben im ländlichen Raum. Als kritischen Ausgangspunkt beschreibt sie die stark funktional ausgerichtete Unterbringung von alternden Menschen in stationären Pflegeheimen und die beschränkten Zeitressourcen in der mobilen Pflege, die jeweils selbstbestimmtes Leben im Alter einschränken. Dem stellt sie den Entwurf für eine Tageszentrum im Kontext eines ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebs gegenüber. Ihr Anliegen ist es, ein Modell aufzuzeigen, wie durch Bestandsnutzung und Zubauten auf einem ehemaligen Bauernhof ein generationsübergreifendes Wohnen mit einem neu zu errichtenden Tageszentrum für alte und kranke Menschen zu schaffen ist. In der Erkenntnis, dass die bestehenden Gebäude für barrierefreie Nutzungen nur schwierig adaptierbar sind, werden in diesen Strukturen generationsübergreifende Wohnangebote vorgeschlagen. Der daneben platzierte Neubau beherbergt ein Tageszentrum mit angrenzendem Ziegenstall und angenehmen Freiräumen. Die Jury schätzt die kombinierte Auseinandersetzung mit den gewählten Problematiken, dem leerfallenden landwirtschaftlichen Strukturen und den Herausforderungen einer alternden Demografie. Ihr räumliche und stark soziale Ansatz ist hervorzuheben. Räume für ein breites Spektrum der Gesellschaft zu schaffen und zugleich Freiräume als kommunikativen Begegnungszonen für alle zu gestalten, sind zentrale Anliegen ihres Entwurfs. Auch wenn die vorgelegte Arbeit an manchen Stellen in Bezug auf ein idealisiertes Leben auf dem Land etwas romantisch erscheint und die Frage nach der faktischen Umsetzbarkeit nicht endgültig geklärt ist, legt Lena Lisbeth Teufl einen kreativen Vorschlag vor, wie eine würdevolle Umgebung für ältere Mitmenschen geschaffen werden kann. Damit ist das Projekt von großer Relevanz für die Intentionen des Diözesankunstpreises. Der Förderpreis des Diözesankunstvereins Linz in der Höhe von € 2.000,- wird seit 1996 jährlich vergeben. Es werden damit Abschlussarbeiten an der Kunstuniversität Linz ausgezeichnet, die von besonderer künstlerischer Qualität und von einer ethischen, sozialen oder  religiösen Relevanz sind. Jury der diesjährigen Diözesankunstpreise Martina Gelsinger, Kunstreferat der Diözese Linz, Obfrau Diözesankunstverein Linz Anja Ellenberger, Leitung Ausstellungswesen, Kunstuniversität Linz Brigitte Reutner-Doneus, Leitung Sammlung Grafik und Fotografie, Kuratorin, Lentos Kunstmuseum Linz Franz Koppelstätter, Leitung Architekturforum Linz Anna Minta, Institut für Geschichte und Theorie der Architektur, Kath. Privat-Universität Linz Pressefotos Foto1.jpg
Symbiotic Matter. Über die Bedeutung symbiotischer Beziehungen im Anthropozän. Foto: Ruth Größwang Foto2.jpg
Preisträgerin Ruth Größwang. Foto: Severin Standhartinger Foto3.jpg
Preisträgerin Lena Lisbeth Teufl Foto: Teufl Foto4.jpg
Preisträgerin Martina Jäger. Foto: Jäger