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Sintstraße weiterbauen

Eine Arbeitersiedlung im Spannungsfeld zwischen Verwertungsdruck und Geschichtsbewusstsein

18 Studierende der Architektur
Semesterprojekt, Wintersemester 2011/12

Studio Gnaiger | die architektur

Auf dem Gelände eines ehemaligen Bauerngutes wurde 1927 nach Plänen des Stadtbaudirektors Curt Kühne (1882–1963) eine Arbeiterhäuserkolonie errichtet, bestehend aus 18 Kleinbauten – eine Übertragung der Gartenstadtidee auf den Sozialen Wohnungsbau. Die weitläufige Freifläche – damals eine Art Ausgleich zu den kleinen Wohnungen »für das Existenzminimum« – ist eine wertvolle Ressource, die Begehrlichkeiten weckt.

»In der Wohnanlage Sintstraße ordnet Kühne die 18 freistehenden Häuser in zwei Zeilen so an, dass sie einen gemeinsamen Wohnhof umschließen, den man ›grünen Anger‹ nennen könnte. Dafür gibt es Vorbilder in englischen Bebauungsplänen (z.B. dem nördlichen Teil von London-Nottinghill), die auch in Wien zum Beispiel in der Freihofsiedlung und in der Siedlung Lockerwiese Anwendung gefunden haben. Es gelingt ihm trotz der freistehenden Baukörper durch Versetzen von 6 Häusern ein gutes städtebauliches Raumgefüge, Kühne spricht ›Hausgruppierungen‹, herzustellen. (...) Das Einzigartige an der Wohnanlage Sintstraße ist nun, dass Kühne dort Wohnhäuser für das Existenzminimum großzügig in einen Grünraum gestellt hat. Die Häuser in ihrer einfachen, aber doch sehr einfühlsam gestalteten Formensprache zeigen, dass auch erzwungene Bescheidenheit nobel wirken kann. Die Stadt konnte als Eigentümerin des Bodens der Anlage das geben, was damals keine Kosten verursachte: Grund und Boden und damit Luft, Licht und Sonne. Hierin liegt nun die Bedeutung dieser Siedlung, die weder national noch international in dieser besonderen Ausbildung vergleichbar ist. Sie ist jedoch in ihrer Grundhaltung mit den genannten Siedlungen im Wettbewerb um die gleiche Sache sehr wohl vergleichbar und daher eine Leistung auf der Höhe der Zeit.«
Wilfried Posch in: Denkmalpflege in Oberösterreich

Seit einiger Zeit steht der Großteil der Wohnungen (durch Absiedlung) in der Sintstraße leer, wodurch der Verfall des Ensembles voranschreitet. Bereits seit den 1980er Jahren ist die Siedlung (Eigentum der GWG) Gegenstand planerischer und denkmalpflegerischer Überlegungen, die um die Erhaltungswürdigkeit des Bestands und die Notwendigkeit, die Wohnungsgrundrisse heutigen Verhältnissen anzupassen, kreisen.
Wie könnte adäquat mit dieser Siedlung umgegangen werden? Unter welchen Rahmenbedingungen wäre es möglich, die Sintstraße »weiterzubauen«? Für welche NutzerInnengruppen käme eine adaptierte Arbeitersiedlung in Frage? Diesen spannenden Frage stellen sich Studierende der Kunstuniversität Linz im Rahmen eines Entwerfensemesters.Die Ansätze der entstandenen Arbeiten reichen von NutzerInnenkonzepten über städtebauliche Betrachtungen bis hin zur Verdichtung und Umstrukturierung des Bestands.
Im Rahmen einer Ausstellung im afo architekturforum oberösterreich, vom 26. Jänner bis 24. Februar 2012, wurden die rund 20 studentischen Entwürfe und Möglichkeiten eines progressiven Denkmalschutzes gezeigt und zur Diskussion gestellt.

Entstandene Arbeiten
(Auswahl)
Andrea Hilmbauer: Ville Verdi
Ann-Katrin Freude: Geschichte einrahmen
Paul Hubert Carl Jungwirth: Pavillon

TeilnehmerInnen
Simone Abfalter, Bernhard Waage, Marcus Brückner, Christoph Zeinitzer, Sophie Schrattenecker, Stefan Gruber, Christine Zöchbauer, Oliver Posch, Andrea Hilmbauer, Nikolaus Schullerer, Julius Jell, Paul Jungwirth, Ann-Kathrin Freude, Christina Mittendorfer, Barbara Friesenecker, Melanie Pointner, Veronika Schwarzecker, Martin Zierer

Betreuung
Roland Gnaiger, Birgit Kornmüller