In der Gegenwart sehen wir, wie sich ein neuer Wissenstypus durchsetzt, der sich stark von traditionellen Wissens- und Wissenschaftstypen unterscheidet. Während die Wissenschaft des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hierarchisch, disziplinär und homogenisierend war und die Trennung zwischen wissenschaftlichen, künstlerischen und gesellschaftlichen Akteur*innen vorsah, sehen wir nun sowohl in den Künsten als auch in der Gestaltung und in den Wissenschaften eine viel stärkere Durchdringung der Sphären. Sie operieren heutzutage problemorien- tiert, projektlogisch, transdisziplinär, kooperativ und stark gesellschaftlich eingebunden. Auch sie sind auf je unterschiedliche Art und Weise Teil von gesellschaftlichen Transformationsprozessen. Sei es durch ihr experimentelles, erprobendes und iteratives Vorgehen (vgl. Kapitel 1.4.1. im Entwicklungsplan bis 2027) oder durch die Bereitstellung von Expertise in öffentlichen Debatten. Die Gestaltung war hingegen immer schon an der Schnittstelle zwischen Konzept und Anwendung positioniert.
Mit diesem Schwerpunkt bekennt sich die Kunstuniversität Linz zum weiteren Aufbau von Kunst, Gestaltung und Forschung im Sinne einer Transformation von Gesellschaft und eines partizipativen Vermittlungsansatzes. Verantwortung übernimmt sie auch und gerade angesichts der Geschichte ihrer Gebäude. Wir erachten die kontinuierliche und aktive Auseinandersetzung mit der Zeit des NS-Regimes und mit dem Verhältnis von Ästhetik und Politik (der Erinnerung) als essenziell. Transformation kann nur im Eingedenken vergangener Verheerungen gedacht und gestaltet werden.
Die bisherige strategische Positionierung im Bereich künstlerischer, wissenschaftlicher Designforschung wird fortgeführt, durch vorhandene und zusätzliche Ressourcen dynamisch vorangetrieben und auf allen Stufen (Studium, PhD, Postdoc) forciert werden. Gerade die Vermittlung von Basisqualifikationen und Methodenkenntnis für die wissenschaftliche, künstlerische und die Designforschung schon im Regelstudium muss ein wichtiges Anliegen der nächsten Jahre sein. In den bestehenden Zentren und Instituten ebenso wie in den neu zu schaffenden interdisziplinären Laboren (Co.Labs) soll sie unabhängig von konkreten Anwendungshintergründen, aber mit gesellschaftlichen Prozessen im Blick betrieben werden. Partizipative Methoden kommen dabei ebenso zum Einsatz wie frei experimentierende, praxisbasierte und gesellschafts- und kulturanalytische (practice-based research in and through the arts) Ansätze, ergänzt um Kooperationen mit wichtigen regionalen wie internationalen Partnerinstitutionen. Insbesondere auch Kooperationen mit dem globalen Süden sollen weiter ausgebaut werden, um die Forschungsansätze geografisch und intellektuell zu verbreitern.
Entsprechend der dritten Mission sollen die Beiträge von wissenschaftlicher, künstlerischer Forschung und Designforschung zu wichtigen gesellschaftlichen Zukunftsfragen in einer vielfältigen Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt werden. Gleichzeitig ist die Schaffung von neuen (Rückzugs-)Orten wichtig, um sich den Herausforderungen im globalen Kontext bei gleichzeitiger lokaler Situierung stellen zu können.
Ihrem gesellschaftlichen Auftrag kommt die Kunstuniversität Linz in besonderer Weise im Rahmen ihrer Pädagog*innenbildung nach. In der Überzeugung, dass Kunstpädagog*innen dort ausgebildet werden sollen, wo auch Künstler*innen und Gestalter*innen ihre akademische Heimat haben, wird sich die Kunstuniversität Linz als verantwortliche Trägerin der künstlerischen Gestaltungsfächer im Rahmen des Verbundes Cluster Mitte zur Pädagog*innenbildung positionieren und qualitätssichernd aktiv sein. Die Studierbarkeit und Vereinfachung der Studienadministration stehen ebenso im Fokus wie die Etablierung eines Bachelors of Arts and Education bzw. eines Masters of Arts and Education. Forschende Beiträge zum fachwissenschaftlichen Diskurs stehen ebenso auf der Agenda wie die Aus- und Weiterbildungsangebote für Pädagog*innen.
Im Bereich Gestaltung: Technik.Textil soll zusätzlich eine befristete (Gast-)Professur sowie zusätzlich eine Professur Bildnerische Erziehung geschaffen werden. Lehramtsstudierende sollen, österreichweit einzigartig, auch Expertise in den Gestaltungsfächern für Kinder unter zehn Jahren unter dem Stichwort „Kreativitätsbildung im Kindes- und Jugendalter“ erlangen. Auch der Schwellenbereich zwischen Primar- und Sekundarstufe I soll fokussiert werden. Dies ist mit einer Professur umzusetzen, das Angebot steht dann nicht nur den Lehramtsstudent*innen der Kunstuniversität, sondern auch Studierenden mit abgeschlossenem Bachelor der Elementarpädagogik bzw. Primarpädagogik, die sich auf Kreativitätsbildung in den Gestaltungsfächern spezialisieren, zur Verfügung. Die Aktivitäten im Bereich der Kunstpädagog*innenbildung umfassen sowohl Forschung, EEK, Lehre und Berufsfähigkeit als auch die third mission. Die Kunstuniversität trägt hier eine besondere Verantwortung für die nächsten Generationen.