24. September bis 22. November 2020 Dom zu Maria Saal, Kärnten
Installation der österreichischen Künstlerin Iris Andraschek.
Der Künstler Hubert Lobnig ergänzt sie mit seiner Licht- und Projektionstechnik: Die Pflanzen werden von unten beleuchtet und werfen so bewegte Schatten an die Decke und die Wände.
Unter der Empore der mit Kunstwerken aus fünf Jahrhunderten ausgestatteten Maria Saaler Stiftskirche befindet sich ein Raum mit quadratischer Grundfläche, der für zeitgenössische Kunst einen geeigneten Platz bietet. Der Katholische Akademikerverband Kärnten (KAV) hat in Zusammenarbeit mit der Pfarre Maria Saal das Projekt KunstQuadrat ins Leben gerufen, das einmal im Jahr zeitgenössischen bildenden KünstlerInnen die Möglichkeit gibt, in dieser viel besuchten Kirche auszu- stellen. Die thematische Ausrichtung der Ausstellungen wird dabei stark vom Ambiente des Sakralraumes mitbestimmt.
In der Installation von Iris Andraschek werden in dem kleinen Raum mit Kreuzrippen, der wie eine Miniaturisierung des großen wirkt, mit speziellen Vorrichtungen Pflanzen montiert und aufgehängt. Diese werden von unten mit speziellen, kinetischen Vorrichtungen beleuchtet, so dass sie langsam bewegte Schatten an die Decke und an die Wände werfen. Wie für eine wissenschaftliche Anordnung, für ein Experiment oder eine Untersuchung sind die Pflanzen ausgesucht, hängend getrocknet, vorbereitet und angeordnet. Ihre Schatten treffen und verknüpfen sich mit der oft floral inspirierten formalen Sprache der Gotik und Spätgotik.
Ein Mobile mit Pflanzenteilen hängt von der hohen Decke im Kirchenraum - ein schwebender Hinweis auf die floralen Fresken an der Decke.
Die Auseinandersetzung mit Pflanzen trifft sich hier in der Intervention/Installation mit einfacher Licht- und Projektionstechnik. Licht und Schatten und Raum spielen in der Dramaturgie der katholischen Kirchen eine zentrale Rolle. Waren die alten Kirchen mit Kerzen beleuchtet, bildete die Schwärzung mit Russ nicht nur eine ungewollte Patina, sondern auch einen Zugewinn an Stimmung für die Lithurgie, die mit Weihrauch noch verstärkt wurde und wird. Ein synästhetischer Rausch aus performativem Ereignis, Gerüchen, Geräuschen, Musik, Licht- bzw. Schattenwürfen und ein Hauch von Unheimlichkeit.
Mehrere Faktoren bestimmten das Konzept für die künstlerische Intervention von Iris Andraschek und Hubert Lobnig in der Stiftskirche von Maria Saal:
Beim Betreten der Kirche sprangen den beiden KünstlerInnen sofort die berühmten Deckenfresken des anonymen Malers ins Auge, auf denen sonderbare Knospen, Blütensprossen, und Stengel die Unterkörper der dargestellten Figuren bilden, aus denen sie geburtsartig herauswachsen – die Pflanzen bilden dabei eine Mischung aus Körper, Behausung und Bekleidung. Die Stammväter und die vier Stammmütter des Matthäus-Evangeliums wachsen aus Blüten von Alpen- und Phantasieblumen.
In diesen pflanzlichen Darstellungen lassen sich Vorbilder aus der Natur ablesen, die unbedarften Kenntnisse des Malers zur Anatomie der Pflanzen dürften einfachen Pflanzenstudien entstammen. Einzelne Pflanzen lassen sich bestimmen, wie die Distel "Männertreu", die Mohnkapsel oder das Edelweiß. Der Künstler war sonst in der Darstellung sehr frei, hat erfunden und gesampelt, gedichtet, paraphrasiert und phantasiert, was dem Wissenschaftsverständnis seiner Zeit entsprach.
In einer Radiosendung lernten Iris Andraschek und Hubert Lobnig den historischen Wissenschaftler Friedrich WELWITSCH (1806-1872 - Pflanzengeograph in Kärrnten, Begründer des Herbars in Portugal und Erschließer der Flora Angolas) kennen, der seinen Weg durch Europa und Afrika als wichtiger Botaniker des 19. Jahrhunderts von Maria Saal aus begann und – für die KünstlerInnen ein interessanter Aspekt - so viele gesammelte Pflanzen hinterließ, dass sich Generationen von MuseologInnen abmühten, sie zuzuordnen, zu konservieren und einzuorden.
In zahlreichen Ausstellungen und Projekten bilden Pflanzen - speziell in Arbeiten von Iris Andraschek seit jeher einen wichtigen Pfad. In zahlreichen Installationen arbeitete Hubert Lobnig mit Licht und Projektionstechnik und Projektionsobjekten.
Der Zeitpunkt der Ausstellung, Ende September ist die Zeit der Ernte und der Beschäftigung mit den sogenannten Feldfrüchten Gemüsen, Früchten, Samen, Obst.
Die Installation lädt die BesucherInnen ein in einen Dialog mit den floraren Fresken, der experimentellen Pflanzeninstallation zu treten, in der es auch einen Platz geben wird an dem in der Zeit des Erntedanks die BesucherInnen aktiv eingeladen werden das Pflanzenarrangement zu ergänzen.
* WELWITSCH, Bot. Wanderungen, 123