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PROJEKT

Die Tücke der Lücke

Das zeitgemäße Stadthaus

Entwurfsprojekt: Konzeption und Entwurf / Professor Gnaiger
Entwurfsbetreuung: Roland Gnaiger, Elena Torres, Michael Zinner
Koordination: Elena Torres

Im Entwurfsprogramm des Wintersemesters 2016/17 widmen wir uns der immer aktuellen Frage des Stadthauses. Anhand von zwei Baulücken wollen wir das Thema inhaltlich zeitgemäß durchleuchtet wissen und entsprechende gestalterische Antworten darauf entwickelt sehen:

 

  • Graben Nr.6 / Kollegiumgasse Nr.5 – rund 10 x 33 Meter (breit/tief)
  • Herrenstraße Nr.44 – rund 20 x 16 Meter (breit/tief)

Wohnen und Arbeiten
Das Wohnen wie das Arbeiten in der Stadt bietet den Vorteil hoher Dichte an Infrastruktur (Nahversorgung, Öffentlicher Verkehr, Bildung, Verwaltung, ...). Demgegenüber sind Nachteile in nach wie vor vom Individualverkehr beherrschten Städten wie Linz: Die „Problemzone“ Erdgeschoss entlang von Verkehrsadern: Welche Nutzungen brauchen derartige Gehsteige? Wie können diese Nutzungen die Stadt mit beleben helfen? Natürlich auch die entsprechenden Lärmimmissionen: Welche Grundrisse, welche Fassaden können den Lärm der Straße und die Intimität des Wohnens verbinden statt trennen? Der Graben als auch die Herrenstraße zählen zu den stark belasteten Straßen der Inneren Stadt in Linz.
Formen des Wohnens und Arbeitens haben sich im ausgehenden 20. Jahrhundert grundlegend verändert. Den Phänomenen der Flexibilisierung (Patchwork-Familien / Teilzeit, Gleitzeit, Ich-AG) stehen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Stabilität und Authentizität gegenüber (Heimat-Ersatz / soziale Netzwerke / Unternehmens-Kultur / Corporate Social Responsibility).
Auch quantitative Ansprüche haben sich verändert. Im Wohnen sind die Durchschnittswerte (m2 NNF/Kopf) kontinuierlich gestiegen – bei einer sich zuspitzenden sozialen Kluft zwischen Arm und Reich. Und in der Arbeitswelt wird Flächenökonomie betrieben, die sich auch in der Auslagerung der Ressource Raum in die Verantwortungs-Sphäre einzelner Menschen zeigt.
Inhaltliche Aspekte dieser Veränderungen wie mobilere Lebensweisen, flexiblere Formen und Ansprüche in der Arbeitswelt oder auch insgesamt labilere Bindungen von Paaren (Scheidungen, Patchwork-Familien) machen Wohnen und Arbeiten zu einem flexiblen Feld in Zeit und Raum – wenn die Architektur darauf antworten will oder muss.
Sowohl in der Mikrostruktur einer „Einheit“ (Wohnung / Arbeitsplatz) wie auch in der Makrostruktur eines gesamten Stadthauses ist also Flexibilität ein Thema. Deren Formen können unterschiedlich sein: Flexibilität durch Bauweise, durch Möblierung, durch Schaltzimmer, durch Pufferräume, durch Zeitmodelle, durch Kooperation, durch Sharing-Strukturen ...

Der Stadtraum
Linz weist rund um den Hauptplatz einen alten Stadtkern mit hoher Dichte auf, der seine heutige Gestalt im Wesentlichen aus der Zeit des Barock bezieht. Auf schmalen und tiefen Grundstücken herrscht eine Laubengang-Typologie mit einhüftig, entlang von Lichthöfen erschlossen Häusern vor (Entsprechung Bauplatz Graben / Kollegiumgasse).
Ab dem Graben ist Linz, wie viele andere Städte Österreichs, im 19. Jahrhundert rasch gewachsen. Das zeigt sich im städtischen Muster der Blockrandbebauung- Diese weisen eindeutige Straßenräume aus und umsäumen mitunter großdimensionierte Innenhöfe (Entsprechung Bauplatz Herrenstraße).
Die beiden stadträumlichen Situationen sind also in unseren zwei Bauplaäzen thematisiert. Gemeinsam weisen sie – im Gegensatz zu suburbanen Gebieten – hohe Gestaltkohärenz auf, an die unmittelbarer anzuschließen ist: das entsprechende Stichwort dazu nennen wir „geschlossene Bebauung“.

Die Aufgabe
Eine Antwort – die wir suchen wollen – liegt auch im „Denken vom Ganzen in die Teile“: das Stadthaus kann in sich als Mini-Stadt verstanden werden. Damit erweitern wir den Architekturbegriff nicht nur räumlich sondern vor allem auch in sozialer Dimension. Wohnen und Arbeiten sind mehr als funktionierende Grundrisse und „schöne“ Fassaden. Sie werden so – aus der Perspektive der entwerfenden Person – Abbild einer sozialen Vorstellung. Was wollen wir anstreben bzw. unterstützen? Welche Formen der „Lebendigkeit“ können wir durch unseren Entwurf in einem Stadthaus wahrscheinlicher machen?
Wir schlagen als eine Antwort im Sinne dieses programmatischen Zugangs „Vielfalt“ vor: Wohnen soll mit Arbeiten vermischt werden, Familien mit Singles, Alte mit Jungen, Temporäres mit Längerfristigem, Individuelles mit Kollektivem, Städtisches mit Grünem ...
Weiter geht es um den Entwurf und die Gestaltung eines Stadthauses unter Berücksichtigung einer guten Ausnützung des Bauplatzes (Dichte, Bauhöhe). Dabei soll auf Ab- und Einstellplätze für Autos verzichtet und stattdessen Mehrwerte für die Gemeinschaft des Hauses eingeplant werden (Garten, Dachterrassen, Erdgeschoss, Kellergeschoss, Erschließungssystem, Desk-Sharing, Co-Working-Space ...).
Es ist also ein guter Mix an „Einheiten“ zu entwickeln, die entweder in sich oder untereinander flexibel „schaltbar“ und/oder kombinierbar sind. Dazu gehören Wohnungen für Familien, Singles, Alte, Studierende genauso wie Räumlichkeiten für Arbeiten, Praxen und ähnlichem. Auf Kinder ist dabei genauso Rücksicht zu nehmen wie auf die Gemeinschaft. Entwerfen strebt in diesem Sinn nicht nach einem „fertig abgeschlossenen Ergebnis“, sondern auch nach lebendigen Szenarien.
Auf der städtebaulichen Ebene geht es um konkrete Vorschläge, wie die Erschließung an den Stadtraum anschließt bzw. mit ihm in Verbindung steht. Hier ist die Gestaltung der Freiräume und die Programmierung des Erdgeschosses ein wesentliches Thema.
Neben den städtebaulichen Themen liegt das Augenmerk im letzten Drittel des Semesters auf einer guten Durcharbeitung des Stadthauses in seinen räumlichen und funktionellen Qualitäten. Auch die Fassade wird zu thematisieren sein. Je nach Erfahrung der/des Entwerfenden werden darüber hinaus individuelle Detaillierungen beispielsweise in Fassadenschnitten und/oder innenräumliche Skizzen erforderlich.

Arbeitsumfang

 

  • Übersichtspläne nach Situation und Lagepläne M1:500
  • Grundrisse, Schnitte, Fassaden: 1:200 (EG inkl. Außenanlagen)
  • Beispielhafte Grundrisse: M 1:100, (evtl. 1:50)
  • Baumassenmodell M 1:500
  • Modellausschnitt in größerem Maßstab
  • Exemplarische Skizzen bzw. Detaillierungen n. individueller Absprache.

Abgabeform
Alle Text-, Bild- und Planunterlagen sind als A3-Mappe und digital (PDF-Dateien der Präsentationsplakate und PDF-Datei der einzelnen Grafiken) abzugeben (Upload Server ...). Die Zahl der Teilnehmenden ist mit 30 Studierenden beschränkt.

Ablauf und Termine
Ausschreibung: Montag 12.09.2016
Semesterstart & Themenvorstellung: Montag 03.10.2016, 15.00 Uhr
Anmeldefrist zur Teilnahme bis: Mittwoch 05.10.2016, 12.00 Uhr
Auftakt, Themen, Bauplatzbegehung: Mittwoch 12.10.2016, 09.00 Uhr
Impulstag (10 bis 15 Uhr): Mittwoch 19.10.2016, 10.00 Uhr
Entwurfsklausurwoche Start: Montag 07.11.2016, 09.00 Uhr
Entwurfsklausurwoche Ende: Freitag 11.11.2016, 15.00 Uhr
Entwurfskritiken jeweils jeden Mittwoch ab: 19.10.2016, 09.00 Uhr
( 19. Okt. / 16. + 23. + 30. Nov. / 07. + 14. + 21. Dez. / 11. + 18. Jan. )
Abgabe: Montag 23.01.2016,  17.00 Uhr
Schlusspräsentation: Donnerstag 26.01.201, 09.00 Uhr

Ausschreibung.pdf

Herrenstraße 44, gegen Westen

Graben 6, gegen Osten, von der Kollegiumgasse aus