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MITTEILUNG

INTO THE WEB - Kontrolle

4. Oktober 2016, 18.00 Uhr Klub Kantine Tabakfabrik, Peter-Behrens-Platz 8, 4020 Linz

Das Journal über die Zukunft des Web

Präsentation der dritten Ausgabe des Magazins "Into The Web".

Eröffnung:
Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Andreas Janko, JKU
Vizerektor Univ.-Prof. Mag.art. Rainer Zendron, Kunstuniversität Linz
Dipl.Ing. Univ. Ass. Thomas Lorenz, Kunstuniversität Linz

Immer selbstständigere Systeme, immer ausgefeiltere Algorithmen, automatisierte Prozesse der Erkennung unserer alltäglichen Gewohnheiten und neue Methoden der Verwandlung von Arbeits- und Lebensmaximen in berechenbare Form - von oft spielerischer Natur - haben erst einmal ein Ziel: Uns die Welt und den Alltag einfacher zu gestalten und uns zugleich Kontrolle über die vielfältigen Zusammenhänge der Welt zu geben und das ist wohl der wichtigste Begriff dieser Ausgabe.  

Das Journal „Into The Web“ zeigt, auf wie vielen unterschiedlichen Ebenen die Digitalisierung unser Leben bereits berührt. Von selbstfahrenden Auto über Avatare als Helfer in der Not, bis hin zur Hilfestellung für Entscheidungs-Unwillige in Form von Community-Feedback, Schminktippvideos und anderen Ratgebern, die uns durch die sozialen Medien erreichen...  

Into the web befindet sich nun im dritten Jahr. Als Experiment und Sprachrohr für Studierende der Webwissenschaften das jene These verfolgt, die man als eine der Grundeigenschaften des Netzes selbst ansehen könnte: Jeder von uns ist Akteur, Autor und Produzent im Netz. Die Produktion von Inhalten, Thesen, Meinungen, belanglosen oder -vollen Bildern, Videos und sogar Nutzerdaten, die uns Einblicke bis hinein in das ganz Private liefern ist - soviel ist gewiss - eine der bestechendsten Eigenschaften des Mediums Computer und ihre Verbreitung durch das Netz an jeden Ort und zu jeder Zeit fast schon eine Selbstverständlichkeit.

Doch auch hier und besonders in dieser Ausgabe des Journals Into The Web taucht die Frage auf, wohin uns das führt. Immer selbstständigere Systeme, immer ausgefeiltere Algorithmen, automatisierte Prozesse der Erkennung unserer alltäglichen Gewohnheiten und neue Methoden der Verwandlung von Arbeits- und Lebensmaximen in berechenbare Form von oft spielerischer Natur haben erst einmal ein Ziel. Uns die Welt und den Alltag einfacher zu gestalten. Autos die uns autonom an unser Ziel bringen sind wohl eine der besten Metaphern dafür was uns die Technologie verspricht. Anleitungen zur Verbesserung unseres Selbst im Netz für fast jeden „Lebensvorfall“ verfügbar. Intelligente Heime verbreiten behagliche Atmosphären in denen immer das richtige Klima herrscht und der Kühlschrank nicht nur immer gefüllt ist, sondern uns unter Umständen sogar bei der Wahl des richtigen Diätplans unterstützt. Unser Leben wird „gamifiziert“, weil wir uns mit Hilfe der Technologie immer mehr in die Lage versetzen die „entscheidbaren Fragen“, wie es Heinz v. Förster sagen würde, von Maschinen beantworten zu lassen. Und das auf  spielerische Art und Weise auch deshalb, weil wir dafür Programme entwickeln die Eines mit wohl jedem Spiel gemeinsam haben. Nämlich Regeln aufzustellen, fixe Handlungsabläufe vorauszuplanen und bislang Implizites genau unter die Lupe zu nehmen um daraus Erkenntnis zu gewinnen wie es um uns bestellt ist.

Denn das Ziel all dieser Bestrebungen ist es, Entscheidungen effizienter, vernünftiger und auf Basis fundierter Überlegungen zu treffen und treffen zu lassen. Damit Kontrolle über die vielfältigen Zusammenhänge der Welt zu erhalten und das ist wohl der wichtigste Begriff dieser Ausgabe.

Das ist gut so, denn tatsächlich ist das Potential der von uns erdachten Maschinerie gewaltig und angesichts der Komplexität der Herausforderungen, denen wir uns in einer immer informierteren Gesellschaft stellen müssen, für uns auch unersetzlich. Niemand möchte - und daß ganz zurecht – monatelang auf einen Brief warten oder seine Nahrung selbst erlegen, wenn er das nicht unbedingt muß. Eine Technologie die uns die „langweiligen“, mühsamen, immer wiederkehrenden Aufgaben des Lebens abnimmt ist also nicht nur zu begrüßen sondern auch unvermeidbar. Darüber nachzudenken, zu schreiben und sie weiterzuentwickeln wohl auch eine mehr als spannende Herausforderung.

Doch dazu gehört auch die Frage nach ihrer Kehrseite. Wem übergeben wir die Kontrolle, wenn wir uns dieser Technik bedienen? Wem gewähren wir Einblick in unsere Privatsphäre? Wer kann unsere Sprache noch sprechen, wenn nicht jeder gleichen Anteil an der technologischen Entwicklung hat? Auf welche „anderen“ möglichen Modelle des „Mensch-Seins“ verzichten wir, wenn wir uns auf vorgefertigte Handlungsanleitungen verlassen?

Der Medienphilosoph Vilem Flusser spricht - nicht als einziger - von den Verhältnissen unseres Lebens als einer Art Konstruktion, etwas Vorrausberechnetem, einer Summe von Spielen. Ob dies tatsächlich zu Verhältnissen führt wie sie der polnische Philosoph Stanislav sehr kritisch antizipiert, muß sich wohl noch zeigen, zu bedenken sind seine Worte allemal:  

„Der phantomatisierte Mensch ist,
was Menge und Inhalt der zu ihm gelangenden
Informationen betrifft, der Gefangene der Maschine:
Von außen erreicht ihn keine sonstige Information.“
Stanislav Lem