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WORKSHOP

KRITIK !

1. Oktober 2016, 10.00 bis 12.00 Uhr

Workshop von Katrin Köppert bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft.

Speaking nearby statt speaking about: Zu gegenwärtigen und zukünftigen Rahmungen der Kritik

Vortragende:
Julia Bee (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), Andrea Seier (Universität Konstanz), Stephan Trinkaus (Universität Köln), Ulrike Bergermann (Hochschule für Bildende Künste Braunschweig), Katrin Köppert (Kunstuniversität Linz), Stefan Sulzenbacher (Universität Wien)

In „Raster des Krieges“ weist Judith Butler auf die Notwendigkeit einer Neuausrichtung linker Politik hin. Den Hintergrund liefern die Kriege in Irak und Afghanistan, Kriege also, in denen Sexualpolitik und die ‚Befreiung der Frauen‘ wichtige diskursive Legitimationen lieferten. Skeptisch gegenüber Konzepten von Multikulturalismus, der bereits konstituierte Gemeinschaften voraussetzt und der Beschwörung liberaler Normen, die sich auf voneinander unabhängige Identitäten beziehen, schlägt Butler vor, sich der grundsätzlichen Prekarität des Subjekts zuzuwenden. Es gibt keine unverletzbaren Körper und keine, die nicht abhängig wären von anderen: „Das Problem ist auch keines der bloßen Koexistenz, sondern besteht darin, wie die Politik der differenziellen Formierung von Subjekten (...) (a) im Namen einer fadenscheinigen Konzeption der Freiheit sexuell Progressive gegen neue Einwanderer mobilisiert und (b) die Geschlechtsidentität und sexuelle Minderheiten zur Rationalisierung der jüngsten und laufenden Kriege einsetzt“
(Butler 2009, S.37)

Insofern Butler von Rastern und Rahmen spricht, von Bildproduktion und Zirkulation, können hier medientheoretische Perspektiven greifen. Wie verhält sich ein "postkritisches" Denken, das Kritik selbst skeptisch betrachtet, insofern es Kritik als Verfahren des Otherings, der beobachtenden, nicht-involvierten Distanzierung begreift? Wenn der Prozess der Kritik entsprechend der fortwährend zirkulierenden Rahmungen, der Relativität unserer Raster, der konstitutiven Dependenz von einer ungewissen Relation hervorgebracht wird, sind neue Bildtypen und Strategien gefragt. Welche theoretischen und praktischen Versatzstücke müsste eine Neuerfindung feministischer und anti-rassistischer Politik mit Bezug auf die aktuellen politischen Zuspitzungen von Innen- und Außenpolitik aufweisen? Wie könnte ein nicht-identitäres Sprechen nearby (statt about, im Sinne Trinh Minh Has) aussehen, das die gegenwärtigen „Rahmenbedingungen“ der Kritik verschiebt?