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Taucher Viktoria

Textil und Körper - Ebenen des Menschlichen

Beginn des PhD-Programms / Start of the PhD-Program: WS 2022 Betreuung / Supervision:
Jasmin Mersmann Wie kein anders Material berührt das Medium Textil den menschlichen Körper in unterschiedlicher Hinsicht. Neben dem direkten Bezug zum individuellen Körper bilden Textilien zugleich einen wesentlichen Bestandteil der Interaktion von Individuen in einer Gesellschaft. Ob als Kostüm, als Saite eines Instrumentes oder als Netz im Sport: Kaum ein Bereich unseres Lebens kommt ohne dieses flexible Material aus. Neben der „Zweiten Haut“ der Mode zeigt sich diese tiefgehende Verknüpfung des Menschlichen und textilen Kulturtechniken auch in der Mythologie sowie dem alltäglichen Sprachgebrauch. Eine der wesentlichsten Eigenschaften des textilen Materials ist seine Flexibilität. Wie kaum ein anderes ist es fähig, sich bei gleichzeitiger Stärke und Haltbarkeit anderen Formen anzupassen. Seit der Entdeckung der Struktur des „Gewebes“ durch den Anatomen und Physiologen Francois Xavier Bichat wurde dieser Begriff vom Bereich des Textilen auf den medizinischen übertragen, allerdings bestehen auch Unterschiede: Textile Gewebe werden durch ihre Struktur charakterisiert, verschiedene Fäden werden durch Kreuzungen zu Stoffen gebunden. Außerdem zeigen diese als spezifische Eigenschaft den „Fall“: Stoffe „fließen“ und sind flexibel. Im Gegensatz zum Gewebe des Körpers haben sie einen Rand, sind in trennbaren Schichten denkbar und bestehen zwangsläufig aus verschiedenen Fadensystemen. Trotzdem verfügen menschliches und textiles Gewebe über ausreichend Ähnlichkeit, um sich in künstlerischen Arbeiten gegenseitig zu repräsentieren, schlussendlich auch in der Gestaltung ihrer jeweiligen Oberflächen. Welche Bedeutung haben also Textilien im Laufe der Kunstgeschichte in Bezug auf menschliche Körper erlangt und in welcher Form (Material, Techniken) stellten sie diesen dar? Unterschiedliche zeitgenössische künstlerische Zugänge wie jene von Chiharu Shiota, Rosemarie Trockel oder Joana Vasconselos werden herangezogen, um die Form der Auseinandersetzung von textilen Materialien mit dem menschlichen Körper exemplarisch zu behandeln. In meiner eigenen künstlerischen Forschung stehen Experimente mit textilen Schichten als Ausdruck verschiedener Ebenen des Menschlichen im Zentrum. Diese können durchlässig sowie opak sein, verhüllen oder entblößen, in den Mittelpunkt stellen oder isolieren. Dabei stelle ich mir die Frage, auf welche Art und Weise körperliche und psychische Aspekte menschlicher Individuen durch textile Materialien und Techniken künstlerisch dargestellt werden können.
Viktoria Taucher