Offener Brief der Kunstuniversität Linz anlässlich der Budgetdebatte im Landtag
Linz, 5. Dezember 2018
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Mag. Stelzer,
als eine der wesentlichen Bildungseinrichtungen für zukünftige Kunst- und Kulturschaffende unseres Bundeslandes haben das Rektorat und der Senat der Kunstuniversität Linz Ihre Ausführungen zur Bedeutung von Kunst und Kultur für die Entwicklung des Landes Oberösterreich anlässlich der Eröffnung des Brucknerfestes 2018 mit großem Interesse und Zustimmung verfolgt. Darin betonten Sie die zentrale Rolle von Künstler_innen und Kulturschaffenden aus der Region bei der internationalen Sichtbarmachung Oberösterreichs, aber auch mit Blick auf die Dynamisierung der Region für ihre Einwohner_innen, denen dadurch ein ausdifferenziertes Bildungs- und Kulturangebot zur Verfügung steht. Das Rektorat und der Senat der Kunstuniversität Linz schließen sich Ihrer Meinung an, dass quer durch das Land und in vielerlei Sparten Kunstschaffende und kulturelle Initiativen Oberösterreich prägen, deren Unterstützung eine prioritäre Aufgabe sein muss.
Sie haben die Erhöhung des Kulturbudgets in Aussicht gestellt und inzwischen auch in Zahlen gegossen. Demnach ist für den Budgetbereich Kunst, Kultur, Kultus (inkl. wissenschaftliche Einrichtungen) ein Zuwachs von € 6.180.300,00 (das sind 3,30%) auf € 193.672.400,00 geplant.
Um diese Vielfalt und Diversität in allen Regionen Oberösterreichs weiter zu entwickeln, ersuchen wir Sie dringend, mit den zusätzlichen Budgetmitteln vorrangig gemeinnützige Vereine, die sich mit zeitgenössischen Formen von Kunst und Kultur beschäftigen, zu unterstützen. Viele dieser Kulturgruppen sind mit hohem ideellem Aufwand und oft unter prekären Bedingungen bemüht, das Kulturangebot in den Regionen zu verbreitern, nicht zuletzt dadurch, indem sie Menschen adressieren und miteinbeziehen, die sich in stärker strukturierten, institutionalisierten Kulturangeboten nicht wiederfinden (Jugendliche, Menschen mit migrantischer Biographie etc.). Dazu gehören auch Vereine, die dezidiert ermächtigend und genderorientiert arbeiten. Zuletzt fehlte es gerade diesen Vereinen (durch Kürzungen und Streichungen der Fördermittel, Nichtanpassen an die Inflation, langes Warten auf Förderzusagen) oft an einem Mindestmaß an mittelfristiger budgetärer Planbarkeit, die jedoch für eine erfolgreiche Weiterentwicklung essentiell ist.
Kulturförderung ist auch 2019 kein Schwerpunkt im Landeshaushalt. Aber erst eine vielfältige Gesellschaft mit ebenso vielfältigem kulturellen Angebot, eine Gesellschaft, die auch das Neue ausprobiert und (selbst)kritisch agiert, schafft ein Klima, in dem das Schwerpunktziel „Oberösterreich: Der Forschungs- und Innovationsmotor der Republik“ erreichbar wird. Denn dazu braucht es neugierige Menschen, die querdenken, Impulse liefern, die Bewohner_innen einer Region mit neuen Ideen versorgen, eingefahrene Wahrnehmungs- und Denkstrukturen auflösen.
Kunst muss, wie Sie selbst sagen, nichts, aber sie bewirkt viel. Wir sehen das in unserer täglichen Arbeit mit unseren engagierten Studierenden, denen wir wünschen, dass sie auch in Zukunft nach ihrem Studium in der Region bleiben und hier ihr vielfältiges gestalterisches, künstlerisches und forschendes Engagement einbringen können. Auch hierfür wäre eine weitere Schrumpfung des Sektors der freien Kunst und Kultur fatal.
Wir möchten deshalb nachdrücklich betonen, dass Kunst- und Kulturförderung mehr als ein „nice to have“ ist. Ein aktives Kunst- und Kulturleben ist vielmehr der Humus, den andere gesellschaftliche Teilsysteme (Wirtschaft, Medien, Bildung, Soziales) brauchen, um gedeihen zu können. Wir begrüßen daher den eingeschlagenen Kurs nachdrücklich und fordern die Landesregierung dazu auf, in der zukünftigen Strategieentwicklung und Budgetierung Kunst und Kultur zu priorisieren, insbesondere die Finanzierung der „freien Szene“.
Mit freundlichen Grüßen,
Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kannonier, Rektor Kunstuniversität Linz
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Funk, Senatsvorsitzender Kunstuniversität Linz