28. April 2010, 19.00 Uhr Audimax, Kollegiumgasse 2
Der Vortrag wird der These nachgehen, dass in der Gegenwart ein neues
Stadium künstlerischer Vermischung von Medien und Kontexten eingetreten ist - eine Art Superhybridität, beschleunigt von Internet und globaler Vernetzung. Dies trifft für die Kunst ebenso zu wie z.B. für die Musik, ebenso aber auch für die Theoriebildung.
Einigermaßen klar abgrenzbare Avantgarden - Minimal, Konzept, Pop - wie
noch in den Sechziger Jahren gibt es nicht mehr (der Vortrag wird deshalb auch der Frage nachgehen, warum dies in den Sechzigern noch möglich war). In der Musik ist es ähnlich: klar abgrenzbare Genres wie Punk oder Techno entstehen nicht mehr. In der Philosophie bleibt der "Thron" nach dem Tod solcher Größen wie Jacques Derrida verwaist, auch wenn beispielsweise Alain Badiou Anspruch auf diesen Thron zu erheben scheint genau mit dem Versprechen, "endlich" aufzuräumen mit dem hybriden, heterogenen Gewusel globaler Vermischungen, im Zeichen einer erhabenen - aber reaktionären? - Eindeutigkeit.
Die Postmoderne der Siebziger und Achtziger Jahre war verstanden im Sinne eines Pastiche von Stilzitaten (etwa in der postmodernen Architektur), wobei der Reiz vor allem in der Zuordnung und Entschlüsselung dieser Zitate bestand. Die Neunziger Jahre bescherten einen Mainstream der Minderheiten, eine Fragmentierung in Subgenres, und die Untersuchung der Idee des Hybriden in den Cultural Studies.
Besonders von Künstlern, die nach 1980 geboren wurden, werden nun die
Quellen und Kontexte so stark amalgamiert und atomisiert (bzw. die Medien so stark vermischt), dass eine klare Entschlüsselung nicht mehr möglich und auch nicht gewünscht ist. Ethnische und geschlechtliche Zuordnungen verschwimmen ebenso wie Genre-Grenzen. Anstelle von postmoderne Beliebigkeit tritt hybride
Verwirrung und Neuordnung. Die künstlerischen Ergebnisse (z.b. Ming Wong, Ryan Trecartin u.v.a.) sind von unterschiedlicher Qualität; historische Vorläufer gibt es ebenfalls (z.B. Susan Hiller). Kann man von einer neuen Hegemonie des Hybriden sprechen?
Jörg Heiser ist Chefredakteur von frieze, ein bekannter Kunstkritiker und Kurator und Gastprofessor am Bereich Bildhauerei-transmedialer Raum