Maren Mayer-Schwieger
Theorieveranstaltung
Dienstags, 10.30 bis 12.00 Uhr
Wenn Medien »unsere Lage« bestimmen, wie es Friedrich Kittler Mitte der 1980er Jahre prominent formulierte, dann sind Medientheorien dazu da, diese Lage zu beschreiben. Sie sorgen aber auch dafür, dass etwas überhaupt als ein mediales Setting in den Blick gerät. So sind etwa Radio, Telefon und die alphanumerische Schrift ebenso zu Gegenständen von Medientheorien geworden wie der Wunderblock, die Cyborg oder das Meer.
Allerdings lassen sich Medientheorien nicht einfach auf ihre Gegenstände reduzieren, d.h. auf die Frage, was Medien sind, oder besser: was Medien tun. Denn so, wie mediale Settings historischen Veränderungen unterworfen sind, sind es auch die Theorien, die sich auf sie beziehen oder gar von ihnen gestiftet werden. Deutlich wird das nicht zuletzt an dem Terminus der »Lagebestimmung« selbst, der ob seiner militärischen Herkunft heute wohl kaum fraglos zu gebrauchen ist.
Medientheoretische Inhalte, Fragestellungen und Methoden verändern sich; sie divergieren und befinden sich manchmal gar im Widerstreit. Das Seminar gibt daher nicht nur eine Einführung in verschiedene Medientheorien, die wir uns gemeinsam lesend und diskutierend erschließen. Es versteht sich zugleich als eine Einführung in die Geschichte der Medienwissenschaft und in ihre aktuellen Debatten.
Dabei werden wir uns immer wieder die Frage stellen (müssen), was und wen wir lesen. Schließlich sind Medientheorien und ihre Konjunkturen gleichermaßen von Ausschlussmechanismen geprägt wie andere Wissenschaftsdisziplinen. Ein medientheoretischer Kanon ist nie losgelöst von einem wissens- und also machtpolitischen Gefüge.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit versucht das Seminar dagegen die Vielstimmigkeit, mitunter die Kakophonie, von Medientheorien hörbar zu machen, indem wir unterschiedliche – historische und aktuelle – medientheoretische Positionen erkunden, sie miteinander in Beziehung setzen und sie so auf ihre Problemstellen hin befragen.