Entwurfsprojekt Sustainable Architecture & Spatial Tactics SS 2016
Entwurfsbetreuung: M.Böttger, R. Gnaiger, C. König, E. Torres, M. Zinner
Gäste: M. Brückner, W. Fiel
Koordination: E. Torres
Die Voraussetzungen
Die aktuelle Flüchtlings- und Zuwanderungsthematik stellt (neben der gesamten Gesellschaft) auch die Bauwirtschaft und die ArchitektInnen vor neue Aufgaben. Ob wir darin überwiegend eine Bedrohung oder eine Chance sehen, hängt von der jeweiligen Weltsicht ab und von der Auseinandersetzung mit den Ursachen und Hintergründen. Wegen des herrschenden Bevölkerungsschwunds und der demographischen Entwicklung könnte Europa Zuwanderung grundsätzlich gut brauchen.
Die Voraussetzung gelingender Integration ist ein eilig-beherzter, leistbarer und würdevoller Umgang mit den ZuwanderInnen und erfordert dementsprechende Lösungen. Die Behausungsfrage ist in diesem Zusammenhang eines der drängendsten Themen. Ohne Angebot an angemessener Behausung gelingt Integration nicht.
„Leistbarkeit“ ist dafür ein Schüsselkriterium. Eine Gesellschaft, in der Differenzen (zwischen Reich und Arm) schon vor dem aktuellen Problem (zu) groß sind, scheint schnell überfordert. Daher reicht die Frage der Leistbarkeit von (Wohn-)raum (die Kostenfrage) tiefer, als die aktuelle Situation vermuten lässt.
Durch dieses aktuelle Thema werden folgende Probleme deutlicher sichtbar:
• Die horrend wachsenden Boden-, Bau- und Betriebskosten lassen angemessenen Wohnraum für große Teile der Bevölkerung mittlerweile unerreichbar werden.
• Schon vor dem Zuwanderungsstrom bestand ein Mangel an leistbarem Wohnraum. Diese Tatsache verschärft die Teilung der Gesellschaft.
Jenseits der Frage nach den tief reichenden Ursachen macht die zugespitzte Situation eine Diskussion und Reflexion der Standards unerlässlich: Brandschutz, Sicherheitsbelange, Behindertengerechtigkeit, Schallschutz (hausintern und hausextern) ökologische und energetische Ansprüche, gewachsener Flächenbedarf und Komfortanspruch haben neben diversen Leitbildern und (teils verständlichen) gesellschaftlichen Entwicklungszielen aber auch Lobbyinteressen die Kosten in enorme Höhen getrieben. Bezüglich all dieser Punkte muss sich unsere Gesellschaft die Frage nach ihren Werten und Zielen stellen. (Beispiele für Wandel in der Zeit: Die Siedlung Sintstraße in Linz, vom damaligen Stadtbaumeister Kurt Kühne nach dem 1.Weltkrieg unter dem Motto „Wohnen für das Existenzminimum“ geplant, bestand noch aus 28 m2 großen Wohnungseinheiten, ohne Bad und mit Toiletten am Stiegenhaus. Schallschutzmaßnahmen und Brandschutz waren gänzlich unbekannt. Vergleichbar hatte das Gebäude der Kunstuniversität Linz, am Hauptplatz 8, bis vor 15 Jahren keinen Lift)
Das gelbe Dorf, Hamburg-Rahlstedt Buntes Wohncontainerdorf2
• Die Flüchtlingsthematik erhöht somit die Notwendigkeit, Fragen der Sinnhaftigkeit und Angemessenheit heutiger Standards zu stellen um baurelevante Regelwerke allenfalls neu zu justieren. Jedenfalls sind die meisten der jüngeren politischen Vorgaben (siehe Oberösterreichs Wohnbaugrundlagen) ungeeignet, um die Teilung der Gesellschaft aufzuhalten und zukunftsfähige Entwicklungen zu garantieren.
• Konkrete Kostenreduktion stellt sich (nach den Grundsatzfragen zu Angemessenheit und Verträglichkeit) als eine Aufgabe dar, die eines sehr großen (Insider) Wissens und großer hochbau-, haus- und produktionstechnischer Erfahrung bedarf. (Das ist der erste Grund wieso dem Semesterprojekt das Bausystem AllQuartier* zu Grunde gelegt wird; der zweite liegt in dem gewünschten Projektfokus auf Fragen der städtebaulichen Disposition und der siedlungs- typologischen Gestaltung.)
Aufgabenstellung, Arbeitsumfang, Abgabe, Ablauf und Termine siehe: