Beginn: 1. März 2012, 10.00 Uhr Sofahörsaal
Semesterprojekt
Studio Gnaiger | die architektur
Sommersemester 2012
PROGRAMM
Unsere Gesellschaft befindet sich spätestens seit der Aufklärung in einem sehr umfassenden „spirituellen“ Wandel. Allen voran thematisierte Friedrich Nitsche in seinem Konzept der Umwertung aller Werte, um die Jahrhundertwende des 19.JHD die radikalen Auswirkungen von wissenschaftlichen Erkenntnissen, beispielsweise der darwinistischen Evolutionstheorie auf die Entwicklung der „modernen“ Gesellschaft. Begrifflichkeiten wie Sinn, Glaube, Moral und Ethik waren nicht mehr gebunden an eine Institutionelle Vorschreibung sondern wurden Gegenstand eines, damals noch in bestimmten Eliten, geführten Diskurses.
Im Zuge der „Studierenden Bewegungen“ der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts lösten sich diese Eliten fast schlagartig auf und es begann sich eine Diskurskultur zu etablieren, in welcher im Prinzip auch heute noch aktuelle Fragestellungen der Gesellschaft erarbeitet werden.
Der Glaube als eine wesentliche Triebfeder zur Konstitution der menschlichen Existenz spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Da wir in einer gesellschaftlichen Realität angelangt sind, und das ist fatal, welche primär nur mehr die „Einzelne“, den „Einzelnen“, anspricht und mit einer Überfrachtung an Botschaften konfrontiert, die, zumindest zeitweise, an (zu vulgär geratene) Glaubenssätze erinnert, erscheint es mehr denn je notwendig Räume zu schaffen, in welcher Botschaften dieser Art nicht nur konsequent ausgeklammert sind, sondern die Räume selbst eine eigene, andere Realität, über die Präsenz der Architektur zu vermitteln in der Lage sind.
Die Kapelle stellt bereits seit über einem Jahrtausend eine Bauaufgabe dar, welche den Schutz des, der Menschen im Sinne der Möglichkeit zur geistig-religiösen Einkehr zum Inhalt hat. Der Bautyp, welcher in den letzten Jahrhunderten noch konfessionell an die christliche Kirche gebunden war, hat sich jedoch vor allem in den letzten Jahren von dieser Bindung weitgehend freigespielt, was, wie zuvor bereits angedeutet, eine Diskussion um deren inhaltliche Bestimmung ausgelöst hat.
Wir wollen nun ebenfalls einen, in unserem Fall unmissverständlichen, architektonischen Beitrag zu dieser Diskussion leisten. Die Kapelle soll als Haus entwickelt werden, welches einen Ort schafft, der jedem Menschen offen steht, der geistige Einkehr sucht, alleine oder in Gemeinschaft, unabhängig von religiöser Überzeugung.
DER ORT
Zwei räumlich unterschiedliche Situationen als Standort für die Kapelle stehen zur Disposition. Eine „städtische“, deren Örtlichkeit als überschaubar, introvertiert und für sich schon als kontemplativ zu charakterisieren wäre. Und eine „landschaftliche“, die als weitläufig, topographisch gezeichnet und als exponiert zu bezeichnen wäre. Beide befinden sich in unmittelbarer Nähe zur Universität.
DER RAUM
Gemäß seiner ursprünglichen Bedeutung soll der Raum „wie ein Mantel“ den Menschen Schutz bieten. Jedoch ist in diesem Fall nicht so sehr der Schutz vor den sich ändernden klimatischen Verhältnissen gemeint. Vielmehr soll ein Abstand zu einer Realität der Reizüberflutung geschaffen werden. Jede Verbindung von Innen und Außen muss sorgfältig überlegt sein, wobei zu beachten ist, dass der Lichtführung eine bedeutende Rolle beizumessen sein wird.
DAS MATERIAL
Gebaute Architektur kann, ganz ihrem Wesen nach, die zur Lösung dieser Aufgabenstellung notwendige physische Präsenz entfalten. Der Entwicklung des Ausdrucks der Materialität kommt hierbei die Aufgabe zu, dem Menschen den Eindruck von Stabilität und Präzision durch ihr (gemacht)Sein zu vermitteln. Auch der Aspekt der Vergänglichkeit im Sinne einer wahrnehmbaren Veränderung in der Zeit soll thematisiert sein. Ein Baustoff, der dies aufgrund der Nähe zu seiner natürlichen Ausgangsform in der Lage ist auszudrücken, ist Holz. Da die Bauaufgabe eine zeitgenössische Antwort auf die Fragestellung darstellen soll, wird erwartet, dass Holz gemäß dem aktuellen Stand seiner technologischen Entwicklung zum Einsatz kommt.
DIE NUTZUNG
Die Kapelle hat einen Raum bereitzustellen; der eine Gruppe von ungefähr 20 Menschen aufnehmen kann. Eine mögliche Form der Organisation des Aufenthalts ist in Abstimmung mit der Wahl des Ortes zu suchen. Dem Zugang von Außen beziehungsweise dem Übergang als Schwellenbereich zwischen Innen und Außen ist dabei ebenfalls besondere Sorgfalt beizumessen.
BETREUUNG
Univ. Prof. Roland Gnaiger
Ass. Prof. Michael Zinner
Univ. Ass. Emilio Hauer
TERMINE
Do 01.03.2012: Präsentation Entwurfsthema im Sofahörsaal um 10.00 Uhr
Mo 05.03.2012: Anmeldung im Sekretariat (Liste)
Mi 07.03.2012: 12.00 Uhr Exkursion zu den Bauplätzen nach Erfordernis/Vereinbarung
Mi 21.03.2012: Impulstag ab 09.00 Uhr
Mo 26.03.2012 - Fr 30.03.2012: Klausurwoche mit Anwesenheit von 9.00 – 18.00 Uhr
Mi 27.06.2012 + Do 28.06.2012: Schlusspräsentationen nach jeden Mittwoch: Vereinbarung Ateliertage von 09.00-16.00 Uhr