Der Theodor Körner Fonds fördert junge WissenschafterInnen und KünstlerInnen Österreichs, die hervorragende Leistungen erbringen und von denen wichtige Beiträge für ihre jeweiligen Fachdisziplinen erwartet werden können. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld verbunden. Die Förderpreise sollen zur Durchführung und Fertigstellung wissenschaftlicher bzw. künstlerischer Arbeiten ermutigen. Die eingereichten Projekte beurteilt ein Beirat, unter der Leitung von Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb, der sich aus ExpertInnen aus Wissenschaft und Kunst zusammensetzt.
Zur Arbeit von Lucas Norer:„Oh sea, just let me cross over“ (Refrain von Cheb Khaleds Lied "Ya Rayah") thematisiert die aktuelle Flüchtlingswelle im Mittelmeerraum in Form einer audiovisuellen Installation: Die Arbeit präsentiert neben einer 10-teiligen Serie an Grafiken, die abstrahierte Ausschnitte aus dem Mittelmeerraum zeigen, eine Sammlung von aktuellen “Auswandererliedern” von vornehmlich Nordafrikanischen MusikerInnen die einen Einblick in das Leben auf der Flucht geben.Die Sammlung an Liedern gibt einen ungefilterten Eindruck darüber, was tagtäglich an den Grenzen im Mittelmeer passiert. Sie eröffnet einen Einblick in das Leben der Harragas, der Flüchtlinge, die auf eine Gelegenheit warten, um nach Europa zu fliehen. Harga bedeutet in Maghreb so viel wie‚brennen, verbrennen und die Harragas sind diejenigen, die ihre Papiere verbrennen um als “Illegale”die riskante Überfahrt nach Europa zu versuchen. Die Lieder die sie mitbringen,sind ihr Soundtrack: Sie hören sie im Radio, sie summen sie auf dem Boot während der Überfahrt, und laden sie als Handyklingelton aus dem Internet herunter. Denn es gibt mittlerweile eine Vielzahl an MusikerInnen die über die Harragas singen. Dabei berichten sie von dem Leben an der Grenze, dem Abenteuer der Überquerung, der Herausforderung und dem Mut ein neues Leben zu beginnen. Aber die Lieder thematisieren ebenso die Beweggründe und die ausweglose Situation vieler Flüchtlinge und dieRisiken und Gefahren der Flucht. Über das Hörbarmachen der Lieder, aber auch das Übersetzten der zumeist arabischen Songtexte, bekommen wir einen direkten Eindruck in die Situation, die Beweggründe, die Sehnsüchte und die Gefahren der Flucht. Diese Art der musikalischen useinandersetzung von Emigration hat ein historisches Vorbild im Genre des Auswandererliedes. Besonders die massenhafte Emigration im 18. & 19 Jhd. von Europa in die USA wurde musikalisch verarbeitet bzw. thematisiert. Visuell stellt die Installation den konkreten musikalischen Auseinandersetzungen den leeren, assoziativen Raum des mediterranen Meeres gegenüber. Die skalierten und somit abstrahierten Flächen beziehen sich auf maritime Kartenausschnitte. Die Zeichnungen sind durch die “willkürliche” geografische Grenzziehung der Meridiane beziehungsweise die Küstenverläufe begrenzt. Ausschnitte, die erst auf den zweiten Blick das mediterrane Meer und somit den Raum um die Fluchtrouten der Emigranten preisgeben.
Der Preis wurde am 11. Mai 2015 in der Hofburg in Wien verliehen
www.theodorkoernerfonds.at