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REVIEW

Labor für fluide Erfahrungen: Die Welt vom Floß aus betrachtet

Oktober 2024

Bei der interdisziplinären Exkursion an den Traunsee im Oktober des vorigen Jahres erfuhren Studierende der Kunstuni Linz, was das Schwanken auf dem Wasser mit ihrem Körper, ihren Geist macht. Was ist das Potenzial der Instabilität – und wie können wir uns sie zunutze machen?

Sobald wir das Floß betreten, ändert sich etwas. Die Aufregung wegen der Exkursion, wegen des Kennenlernens, wegen des Sonnenscheins scheint sich zu verwandeln. Wir ziehen das Floß mit einem Tau zu einer Boje im Traunsee, entfernen uns vom Ufer. Von nun an blicken wir vom Wasser auf die Welt. Es ist still. Das Floß schwankt. Es breitet sich ein Gefühl aus, das uns die Zeit vergessen lässt: Konzentration, kreativer Flow.

Was passiert nun, betrachten wir die Welt vom Floß aus? Was bewirkt die veränderte Perspektive?

Später werden die Studierenden berichten, dass sie das Schwanken noch lange begleitet hat. Am meisten spürten sie es im Bett, als sie sich abends hingelegt haben. Sie sprechen davon, dass die Erfahrung auf dem Floß  - das Wasser, der See, die Weite bis an den Rand der Bergkette - eine Offenheit in ihnen hervorgebracht hat. Offen für den Wechsel in andere Medien, eine offenere Struktur beim Schreiben, aber auch Offenheit gegenüber den eigenen Talenten: Einfach einmal etwas völlig Neues ausprobieren. Sie erzählen, dass es schön war, sich Stabilität in der Instabilität zu schaffen. Dass das Floß ein Raum im Dazwischen ist, mit Wasser unter den Füßen, aber dennoch Sicherheit verspricht.

Den Studierenden war es freigestellt, wie sie die Erfahrung dokumentieren wollen. Sie wählten unterschiedlichste Medien: Film, analoge Fotografie und digitale, Poesie, ein kleines Büchlein, Zeichnungen, Malerei. Alle sprachen davon, dass sie die Experimente, die auf dem Floß begonnen hatten, auf jeden Fall weiterführen möchten.

Was passiert nun, betrachten wir die Welt vom Floß? Festgefahrene Strukturen öffnen sich und schaffen Raum für Experimente.

Lehre | Labor für fluide Erfahrungen: Die Welt vom Wasser aus betrachtet.

Exkursion zum Traunsee

Auf einer Exkursion mit Kommiliton*innen der Kunstuniversität Linz zum Traunsee habe ich unsere Gespräche aufgezeichnet. Die meiste Zeit verbrachten wir auf einem Floß, dem „PLATEAU BLO“, der Abteilung Raum & Designstrategien.

Ich bin der Frage nachgegangen, ob es uns (als Gesellschaft) gelingt, eine Art „Raum dazwischen“ zu finden, eine Art Plattform, auf der sich Menschen mit unterschiedlichen Meinungen zu einem Thema treffen und darüber diskutieren können. In Zeiten politischer und sozialer Frontenverhärtungen, „Wokeness“ und der Spaltung der Gesellschaft durch extreme Meinungen frage ich: Kann man mit allen über alles reden? Können wir einen gemeinsamen Nenner finden? Können wir einander zuzuhören, auch wenn wir vielleicht nicht dasselbe denken?

Es kamen eine Vielzahl aktueller gesellschaftlicher und politischer Themen zur Sprache, die man für sich genommen in einer ganzen Dokumentation diskutieren könnte. Ich wollte darstellen, was Menschen wie mich bewegt und umtreibt. Uns alle eint das Ziel, irgendwann im künstlerischen Bereich zu arbeiten, was unsere Gruppe also nicht repräsentativ für die gesamte Gesellschaft macht.

Die Gesprächsauszüge sollen ein Anreiz sein, sich auch mit eigenen Ansichten auseinanderzusetzen.