Erasmus Staff Mobility for Teaching
Mobilität durchgeführt an folgender Universität / Institution:
Institution: Mobility carried out at the following university / institution:
Faculty of Art and Design, University of Lapland, Rovaniemi, Finnland
Zeitraum / Duration of stay: 30. Oktober bis 3. November 2023
Abteilung an der Kunstuniversität / Department of the University of Arts: Abteilung Mediales Gestalten, Institut für Kunst und Bildung
Meine Erfahrungen / Mehrwert / Ergebnis der Mobilität:
My experience / added value / outcome of the mobility:
Im Herbst 2023, von Ende Oktober bis Anfang November, besuchte ich die Faculty of Art and Design der University of Lapland in Rovaniemi, Finnland. Insbesondere habe ich dort Einblick in den Studiengang Audiovisual Media Culture erhalten. Namentlich sei hier Tomi Knuutila angeführt, der mein primärer Ansprechpartner war. In dem neu eingerichteten ‚XR / VR / Mocap lab‘ haben wir gemeinsam mit den Studierenden mit neusten digitalen Technologien experimentiert, haben uns an Motion Capture versucht, Szenen in Unreal Engine erstellt und diese dann mittels Virtual Reality erfahrbar gemacht. Da die Gruppe der Studierenden sehr international war und ohnehin Englisch gesprochen wurde, war die Kommunikation problemlos möglich. Bei meinem darauffolgenden Vortrag und Workshop, in dem es um das Verschränken von digitalem und urbanem Raum mittels Künstlicher Intelligenz ging, war das ebenso. Kontakt konnte ich aber auch zu den Kolleg*innen der Lehramtsstudien aufbauen und an vormals existierende, etwas in Vergessenheit geratene Verbindungen zum Institut für Kunst und Bildung der Kunstuniversität Linz anknüpfen und diese auffrischen. Was die hohe Qualität der Lehre und der Lehrausstattung betrifft, sind sich unsere beiden Universtäten durchaus ähnlich. In meinem Bericht möchte ich den Fokus daher auf etwas anderes richten, auf die Unterschiede zwischen unseren Universitäten und insbesondere auf jede, wo wir vielleicht sogar noch etwas dazulernen können.
Die University of Lapland und die Kunstuniversität Linz unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Lage in der jeweiligen Stadt und auch was die Gebäude anbelangt sehr. Wohingegen die Kunstuniversität Linz überaus zentral liegt und in Bestandsbauten mit unterschiedlicher Historie untergebracht ist, befindet sich die University of Lapland weit außerhalb des Zentrums von Rovaniemi in einem Neubau. Vielleicht liegt es daran, und womöglich auch an den frostigen Außentemperaturen – als ich zu Gast war, lagen diese durchgängig bei unter minus zehn Grad –, dass es sich die Leute in der Universität heimelig machen. Lehrende, Forschende und Studierende sitzen in den Gängen, forschen, lehren, studieren und essen, trinken und unterhalten sich. Eine entsprechende Architektur ermöglicht und fördert das. Die Gänge sind keine bloßen Zuwege und überbreite Fluchtkorridore, sondern Aufenthalts- und Begegnungszonen, die entsprechend konzipiert und möbliert sind. So gibt es in der Universität zahlreiche Cafés, Studios, Werkstätten und Büros, die sich zu den Gängen hin öffnen oder zumindest transparente Glaswände haben. Und immer wieder finden sich Arbeits- und Begegnungsorte mit Steckdosen, Ladestationen sowie bequemen, einladenden Sitzmöglichkeiten. Auch sind die Kaffeeküchen der einzelnen Abteilungen offengehalten, haben durchbrochene Wände und laden zum Austausch ein. Dieses Sich-Öffnen konnte ich an anderen Orten in Skandinavien ebenfalls beobachten, insbesondere an der sogenannten Oodi, der bekannten Zentralbibliothek in Helsinki. Ich konnte sie besuchen, weil meine Reiseverbindung hier einen mehrstündigen Zwischenstopp erforderte. Diese Bibliothek ist weit mehr als ein Ort, an dem man Bücher liest oder ausleiht. Innmitten der Oodi schlafen Obdachlose auf Sofas, tollen Kinder auf einem Indoor-Spielplatz umher; da wird gemeinsam gekocht, da werden die neusten Konsolenspiele gezockt und mit dem 3D-Drucker experimentiert. Zurück zur University of Lapland: Das Herzstück der Faculty of Art and Design ist ein großes Foyer, in dessen Erdgeschoß sich eine Mensa, oder eher gutes Selbstbedienungsrestaurant mit Mensapreisen befindet. Führt man sich vor Augen, wie hoch das Preisniveau ansonsten in Skandinavien ist, zeigt sich darin womöglich ein weiterer Grund, warum sich Studierende und Lehrende, aber auch externe Personen, hier gerne aufhalten. Die Aufenthaltsqualität und die Präsenz der Leute in der Universität waren echt toll!
Bei meinem Vortrag habe ich unter anderem ein aktuelles Forschungsvorhaben präsentiert, in dem ich Steinstrukturen auf einer kroatischen Insel mit digitalen Mitteln untersuche. In diesen Trockensteinmauern wurden früher Schafe zusammengetrieben und gehalten. Tomi und einige der Studierenden haben an dieser Stelle unmittelbar angemerkt, dass es ‚hier‘ etwas ganz Ähnliches gebe – dazu, warum das Hier in Anführungszeichen gesetzt ist, gleich mehr. In diesen vergleichbaren Strukturen in Lapland wurden früher Rentiere zusammengetrieben. Ich solle mir unbedingt die hiesigen Konstruktionen anschauen. Gleich in der nächsten Stadt, in Inari, gebe es solche. Auch könne ich dort einen tieferen Einblick in die indigene Kultur der Samen bekommen. Gesagt getan, am nächsten Morgen habe ich mich in den Bus nach Inari gesetzt. Die Fahrt hat dann aber mehr als sieben Stunden gedauert. Über schneebedeckte Straßen ging es etliche hundert Kilometer in den Norden von Lapland, ganz in den Norden. Nähe und der Begriff ‚hier‘ scheinen im weiten, dünnbesiedelten Lappland etwas anders zu bedeuten als bei uns. Anders als es die Postkarten und Werbungen für Tourist*innen nahelegen, habe ich keine Angehörigen der indigenen Minderheit der Samen in Inari auf den Straßen getroffen. Woher ich das mit hoher Gewissheit weiß? Weil ich dort überhaupt niemanden auf der Straße angetroffen habe. Das Leben in diesem kleinen, entlegenen Ort kommt im frostigen Polarwinter außerhalb der Häuser nämlich weitgehend zum Erliegen. Das Siida – Sámi-Museum und Naturzentrum sowie das samische Kulturzentrum Sajos vermittelten mir dann allerdings doch noch einen tiefgreifenden Einblick in die Kultur der Samen, nicht historisierend, sondern hochaktuell. Auch konnte ich hier Kontakte knüpfen und in Erfahrung bringen, wo sich die besagten Rentierpferche befinden: kurz gesagt, nicht direkt in Inari, sondern in einer noch entlegeneren, wiederum Stunden entfernten Region, die in dieser Jahreszeit wohl nur mit dem Schneemobil zu erreichen sei, wenn überhaupt. Da komme ich wohl mal mit mehr Zeit zur Mitternachtssonne zurück…
Am Wochenende, an meinem letzten Abend in Rovaniemi, hat mich Tomi dann in ein Restaurant auf einen Rentierburger eingeladen; die Einladung der Gäste zum Essen sei Tradition an der Universität. Dabei hat er mit seiner neusten Errungenschaft bezahlt, einer Kreditkarte der University of Lapland. Eine solche habe kürzlich eine jede Mitarbeiter*in erhalten. Den Verwaltungsaufwand würde das enorm verringern. Vielleicht ist das ja eine Option, die man auch an der Kunstuniversität Linz ausloten könnte. Der Rentierburger – eine der wenigen, zumindest im Prinzip nachhaltig erzeugten Fleischprodukte – schmeckte hervorragend, das gemeinsame Gespräch überaus erkenntnisreich und am nächsten Morgen ging es, über Helsinki mit dem Besuch der besagten Oodi, zurück nach Linz.
Danke an alle, die meinen Aufenthalt an der University of Lapland, die untrennbar mit der Kultur und Natur Lapplands verwoben ist, ermöglicht haben, insbesondere Tomi Knuutila und Virpi Nurmela sowie Regina Dicketmüller-Pointinger!