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Die Geschichte wiederholt sich nicht sie reimt sich

Hauptvorlesung zum Jahresthema 2015/16
Fahim Amir / Philosoph

Das Denken von Geschichte ist eine Intervention im zeitlichen Raum.

Es handelt sich bei der Auseinandersetzung mit Zeitlichkeit und Historizität also nicht um eine bloße Aneignung vorfindlicher Fakten, sondern um die aktive Hervorbringung von Orientierungsweisen. Diese können affirmativ oder kritisch, radikal oder konsequent sein.

Die konservative Rede vom "Ende der Geschichte" (Francis Fukuyama) nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus ist in diesem Sinn weniger eine objektive Feststellung denn ein partikularer Versuch ein solches Ende der Geschichte herbeizureden. Temporale Imperative durchschneiden in unterschiedlicher Form immer auch die Gegenwart: Sei es die ordnungspolitische Proklamation einer "Post-9/11-Welt", in der wir uns gefälligst einrichten sollen, oder die meteorologische Periodisierung der letzten Aufstände im Nahen Osten und Nordafrika als "arabischer Frühling". Müssen wir uns für ein neues Space-Age rüsten oder doch alle schnell Tesla-Autos kaufen, um den ökologischen Weltuntergang zu verhindern?

In der Vorlesung werden unterschiedliche Auseinandersetzungen mit groß- und kleinmaßstablichen Fragen des Historischen und Zeitlichen vorgestellt und diskutiert, die Temporalität nicht als einen mit mehr oder weniger vielen Fakten angefüllten Container verstehen, sondern als Raum herrschaftlicher oder dissidenter Praxis. Eine solche Praxis der Intervention in eine historische Situation bedeutet, die darin enthaltenen Kraftfelder zu skizzieren, um ein neues Territorium der Möglichkeiten zu öffnen: Obgleich hinsichtlich ihrer universellen Geltungskraft permanent fragwürdig, bleibt Geschichte explosiv geladen und entsichert.

Im Verlauf des Studienjahres werden wir uns konkret mit queeren Lesarten von Sun Ras Afrofuturismus und rezenter Kritik an Erwin Panofskys Barock-Verständnis auseinandersetzen, aber auch die vernachlässigte Bedeutung von Hitlers Briefpapier und die Synonymität der Stadt Detroit mit dem Ausdruck "Ruinen-Porno" wird eine Rolle spielen. 

Leitung
Univ.-Prof. MMag. Anna Jermolaewa

Kontakt
Mag.phil. Christine Winner
Institutsreferentin
institut-biku.office@kunstuni-linz.at
T: +43 (0) 732 7898  2436

Kunstuniversität Linz
Institut für Bildende Kunst
Abteilung  für Experimentelle
Gestaltung
Domgasse 1
4020 Linz | Austria